Der Stör

Natürliche Lebensräume

Der natürliche Lebensraum der Störe sind die Flüsse und Meere der nördlichen Hemisphäre. Viele Störarten sind anadrome Fische – d.h. sie wandern zum Laichen aus den Meeren die Flüsse hinauf. Sie kommen hauptsächlich im Kaspischen Meer, sowie im Schwarzen Meer vor.

FORTPFLANZUNG

Bis zur Fortpflanzungsfähigkeit der Störe dauert es relativ lange und sie setzt bei den verschiedenen Arten unterschiedlich spät ein. Weiterhin hängt diese maßgeblich von der Summe der Tagesgradzahlen ab. Störe gleicher Art werden in wärmeren Gewässern schneller geschlechtsreif. Ein Weibchen des Sibirischen Störes (A. baerii) benötigt im norddeutschen Klima 9-11 Jahre bis zur Geschlechtsreife, ein Beluga (Huso huso) sogar 25-30 Jahre.

In ihrem natürlichen Lebensraum steigen die Störe zum Laichen in die Flüsse auf, wo sie ihre Eier auf sandig- kiesigem Grund ablegen. Die Verbauungen der Flüsse bilden hierbei maßgebliche Hindernisse, die mancherorts für die Fische nicht zu über- winden sind.

Die Sowjets begannen bereits in den 50er Jahren mit der künstlichen Vermehrung der Störe in Anlagen und setzten die so erbrüteten Fische wieder aus um die Bestände nachhaltig bewirtschaften zu können. Mit dem Niedergang der Sowjetunion und der damit einhergegangenen ungeregelten Befischung der Störbestände sanken die Bestandszahlen in den 90er Jahren dramatisch. Der in dieser Zeit aufblühende Schmuggel von Caviar und der ausbleibende Rückbesatz begünstigten diese Entwicklung.

ARTENSCHUTZ

Am 01. April 1998 wurden die Störe unter den Schutz des Washingtoner Artenschutzabkommens gestellt und der Handel durfte nur noch nach CITES Richtlinien (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) geschehen. Die Störbestände wurden nun nach Fangquoten befischt und der Handel mit Caviar unterlag danach festgelegten Markierungs- und Dokumentationsvorschriften. Diese Maßnahmen konnten allerdings den Rückgang der Wildbestände nicht nachhaltig aufhalten. Seit 2008 werden daher keine Fangquoten mehr erteilt, weshalb seit dieser Zeit kein Wildcaviar mehr aufbereitet werden darf und der Handel nur noch mit Caviar aus Aquakultur stattfindet.

MARKIERUNGS- UND DOKUMENTATIONSVORSCHRIFTEN

Alle Primärgebinde – also Verpackungen, die direkt mit dem Caviar im Kontakt sind, z.B. Gläser oder Dosen – müssen mit einer
Banderole und/oder einem Etikett, welches den Artenschutzcode beinhaltet, versiegelt sein.

Jeder, der heute mit Caviar handelt, muss nach § 6 der Bundesartenschutzverordnung eine tagesaktuelle Lagerbuchführung
in Form eines Ein- und Auslieferungsbuches führen, wobei Privatkunden als Käufer von Caviar im Wert von über 250,00 € mit
Namen und vollständiger Adresse zu erfassen sind.

Der jeweilige Artenschutzcode – oder auch Universal Labeling Code – erklärt sich wie folgt:

STÖR IN AQUAKULTUR

Seit Beginn der 90er Jahre werden Störe in Aquakultur gehalten. Zunächst fast ausschließlich der Sibirische Stör (A. baerii), dann aber schon bald auch die anderen Störarten.

Heute zieht die Aquakultur nicht nur ein umfangreiches Sortiment an unterschiedlichen Störarten auf, sondern hat sich auch zu einem Wissensquell für Wiederbesatzmaßnahmen und die hierfür notwendigen Reproduktionen von Stören entwickelt. Die Besonderheit liegt vor allem in den langen Aufzuchtzeiten der Fische. In der Aquakultur werden keine anderen Fische über eine so lange Zeit gehalten bis sie verarbeitet werden können. Damit einhergehend ist auch das Erreichen von mögli- chen Zuchtzielen entsprechend zeitaufwendig und schwierig. Das Wachstum der Fische und die Entwicklung des Ovariums hängen sehr von der Wassertemperatur ab. Im warmen Wasser wachsen die Störe deutlich schneller und werden auch früher geschlechtsreif. Deshalb werden Störe vielfach in beheizten Aufzuchtanlagen, die das Wasser im Kreislauf führen, gehalten.

Alternativ gibt es die Teichfischerei oder die Aufzucht der Störe in Becken die mit frischem Flusswasser gespeist werden. Der Wechsel von Temperatur und Licht in den Jahreszeiten, die anteilige Naturnahrung und der Bewegungsfreiraum der Fische fördern hierbei das Heranreifen eines festen Korns. Vor der Verarbeitung aller Aufzuchtformen werden alle Störe für einige Zeit in von kühlem Quellwasser durchflossene Becken oder Teiche umgesetzt. Fremdgeschmäcker werden so vermieden.

Wie das Etikett gelesen werden muss

STÖRARTEN / BEDEUTUNG FÜR DIE CAVIARPRODUKTION

Mit einem stammesgeschichtlichen Alter von über 250 Millionen Jahren gehören die Störe zu den ältesten Fischen unseres Planeten. Insgesamt existieren in der Familie der störartigen Fische (Acipenseriformes) 27 Störarten, die sich wiederum in zwei Arten der Löffelstöre und 25 Arten der eigentlichen Störe (Acipenseridae) unterteilen.

Von diesen Störarten werden jedoch nur einige für die Caviarproduktion genutzt. Mittlerweile werden auch einzelne Arten gezielt miteinander angepaart, zum Beispiel der Acipenser schrenckii x Acipenser dauricus. Hierbei geht es darum Vorteile für das Endprodukt zu erhalten. Die eine Störart wächst schnell heran und die andere kommt schnell in die Geschlechtsreife, beides Eigenschaften die in der Aquakultur begrüßt werden.

BELUGA / HAUSEN (Huso huso)

Der Beluga ist der größte Süßwasserfisch der Erde. Die größten gefangenen Exemplare hatten ein Gewicht von über 1,5 t. Ihr natürliches Verbreitungsgebiet sind das Kaspische und das Schwarze Meer. In unseren Breiten im offenen Gewässer braucht der Fisch 25 bis 30 Jahre zur Laichreife. Das feine, zartschalige, große Korn macht ihn zu einem der begehrtesten Rogenlieferanten für die Caviarherstellung.

OSCIETRA / RUSSISCHER STÖR (Acipenser gueldenstaedtii)

Oscietra-Störe können über zwei Meter lang werden, mit Gewichten von mehr als 100 kg. Ihre Heimat liegt ebenfalls im Kaspischen und Schwarzen Meer. Die Laichreife tritt mit 12-14 Jahren ein. Ihr fester großer Rogen, dessen Farbspiel von goldgelb über diverse Brauntöne bis hin zu Anthrazit reicht, hat diese Fische zu „Hauptcaviarlieferanten“ werden lassen.

SIBIRISCHER STÖR (Acipenser baerii)

Als reiner Süßwasserfisch nahm der Sibirische Stör eine Pionierrolle in der Aquakultur ein – wurde der erste Aquakultur- Caviar doch zunächst von dieser Art erzeugt. Ein grau-schwarzer, mittelgroßer Rogen ist für ihn typisch, im Allgemeinen gilt das Korn als etwas zartschaliger als das des Oscietras.

DER CAVIAR

Caviarsorten werden in der Regel nach den Fischen benannt, aus denen der Rogen gewonnen wurde – z.B. „Beluga“ oder „Oscietra“. Darüber hinaus gibt es aber mittlerweile auch individuelle Namenskreationen der unterschiedlichen Händler und Produzenten, die sich häufig an den Fischnamen anlehnen.

Klarheit bringt an dieser Stelle der Blick auf den Universal Labeling Code bzw. den wissenschaftlichen Namen der Störart. Bezeichnungen wie „Selection“ oder „Imperial“ reflektieren ursprünglich auf Auswahlverfahren, werden heute aber auch alleinstehend als Bezeichnung für andere Caviarsorten herangezogen.

Zudem finden sich manchmal noch Hinweise auf die unterschiedlichen Aufbereitungsformen des Caviars auf dem Etikett. „Malossol“ ist dabei der Gebräuchlichste und bezeichnet eine Ware, die mit max. 5% Salz hergestellt wird. Der Caviar ist somit nur schwach gesalzen und bleibt dabei körnig. „Press-“ und „Fass- Caviar“ sind heute eher selten im Handel zu finden und wurde mit deutlich höheren Salzgehalten aufbereitet.

Das richtige Salzen des Rogens ist nicht nur für den Geschmack des Caviars von Bedeutung, sondern in erster Linie für die Haltbarmachung der Ware wichtig. Als weiterer Konservierungszusatz wird Borax eingesetzt, welches nur für die Produktion von Caviar zugelassen ist. Der Zusatz dieses natürlichen Minerals erlaubt es, dass mit geringerem Salzgehalt aufbereitet wird und die Ware dadurch milder schmeckt.

Eine weitere Methode zur längeren Haltbarmachung der Ware ist das Pasteurisieren.Hierbei wird das verschlossene Gebinde – meist ist es ein Glas – kurz und ganz gezielt erwärmt. Mögliche Keime werden dadurch inaktiviert.

VOM FISCH ZUM CAVIAR

Hat der weibliche Stör nach Jahren das Ovarium entwickelt, so wird er für ein paar Wochen in möglichst kühles, klares Quell- wasser gesetzt, damit das Korn möglichen Fremdgeschmack ablegen kann und langsam abreift. Hat das Korn dann den rich- tigen Reifegrad erreicht, wird der Fisch geschlachtet und das Ovarium entnommen, um danach die Körner mit Hilfe eines Durchreibesiebes zu separieren. Nach dem Spülen in kaltem Wasser folgt das Salzen des Rogens und das Verpacken in die Traditionellen Stülpdeckeldosen zur Reifung. Erst wenn der Rogen mit dem Salz verbunden ist spricht man von Caviar. Bei minus 4°C reift der Caviar einige Monate, um sich dabei zu dem gewünschten hochwertigen Produkt zu entwickeln. Neben der großen Erfahrung des Caviarmeisters ist bei der Produktion auch das richtige Salz von höchster Bedeutung, welches aus den unterschiedlichsten Ländern stammen kann.

Immer wieder wird gefragt, warum dem Stör die Eier nicht lebend entnommen werden können – z.B. durch Abstreifen. Hierzu ist es wichtig zu wissen, dass das Korn mit zunehmender Reife eine weichere Schale ausbildet. Ein solches reifes Korn bezeichnet man als ovuliertes Ei. Damit der Fisch dieses nun aus dem Körper entlässt, bedarf es in der Natur des Laichspieles mit einem männlichen Stör – dem Milchner. In der Aquakultur müssten dann ersatzweise Hormone gespritzt werden, worauf- hin der Rogen dann abgestreift werden kann. Das dünnhäutige Korn muss danach chemisch gehärtet werden, da es beim anschließenden Salzen zerplatzen würde. Ein solches Verfahren ist in Deutschland für die aviarproduktion aber grundsätzlich nicht zulässig!

Unternehmungen, die mit derartiger Methode „Caviar“ produzierten, mussten den Betrieb einstellen.

LAGERUNG UND TRANSPORT

Caviar sollte immer gut gekühlt transportiert und gelagert werden. In der Verkaufspraxis hat es sich bewährt, die Ware im Kühlschrank / Kühlraum bei möglichst gleichbleibender Temperatur zu lagern und für die Bewerbung in den Theken auf Leergläser und Leerdosen zurückzugreifen.

DER IDEALE VERZEHRGENUSS BEIGABEN

Gebutterter Toast, knusprige Baguettes, gebackene Kartoffeln oder Kartoffelrösti mit Crème Fraîche sind ideale Beigaben, die den Geschmack des Caviars voll zur Geltung bringen.

In Russland serviert man Caviar mit Sauerrahm und Buchweizenpfannkuchen – sogenannte Blinis.

Unbedingt vermeiden sollten Sie alle Beigaben, die über einen starken Eigengeschmack verfügen, wie z.B. Zwiebeln und Zitrone. Sie würden das feine Caviararoma vollkommen überdecken. Vermeiden Sie Silberlöffel – auch das würde den Ge- schmack des Caviars beeinträchtigen. Perlmutt-, Gold-, Plastik oder Hornlöffel eignen sich hervorragend.

DER RICHTIGE TROPFEN

Idealerweise sollten die Getränke den köstlichen Geschmack des Caviars hervorheben. Champagner zum Caviar erfreut sich großer Beliebtheit. Sehr geeignet ist auch ein leichter Weißwein. Dieser unterstützt die volle Entfaltung des Caviar-Aromas. In Russland bevorzugt man natürlich Wodka!

Fotos: Anja Behrens